Kurze Röcke, Kleider, Sandaletten, bunte Farben - Der Sommer ist wieder da!
Die Straßen flimmern und flirren vor lauter zurechtgemachten Fräuleins, Damen und Frauen!
Auch wir haben uns mit der Frage: Frau sein-was ist das eigentlich, auseinandergesetzt!
UNSER WEIB
RENKA: Weil
das war so.
ASKA: Renka
kommt nach Hause
RENKA: und mit sofortiger Wirkung flieg ich zu Aska,
ASKA: die Miene lacht ihr und Renka holt raus aus einer Schachtel
RENKA: ein Paar wunderschöne Schühchen,
ASKA: das Modell Sandaletten, auch Schraubstöcke für die Zehen genannt.
RENKA: Aber Aska sitzt in ihrem Sudelbett, in diesem ihren T-Shirt, mit Fleck
und Loch direkt auf dem
Bauch, und klopft wie bekloppt an sich rum: die Wange, das Kinn, die Stirn und
die Nase noch dazu.
ASKA: Renka,
ich lebe jetzt nach dieser neuen Klopfakupressur - nach der Technik der
Emotionalen Freiheit. Weil ich bin doch Polin
RENKA: und
für unsere Freiheit und Unabhängigkeit sind wir doch bekannt.
ASKA:
Und die in diesem deutschen Land
bombardieren uns jeden Tag mit diesen Frauen, wo die fressen zwei Äpfel am Tag,
RENKA: und aussehen, wie Skelette extra dafür
gezüchtet um auf diesen Laufstegen zu spazieren.
ASKA: Und dazu noch haben die Kinder und
diese Karriere,
RENKA: wie diese ihre Heidi, dieses
Deutschland-Superweib.
ASKA:
Und jetzt denke ich, wenn ich nicht so
bin, bin ich weiblicher Abfall. Aber Renka zwängt sich in ihre neuen Schuhe,
und in dieses ihre Blümchenkleid, wie ausgeschnitten aus dem polnischen
Folklore-Verein.
RENKA:
Aska, geh nach dem polnischen Frauenideal, sogar im
Kommunismus, wenn es in den Läden nichts gab – haben wir uns Blümchenkleider
genäht – und zwar aus der Gardine die am Küchenfenster hang. Alles was du
brauchst, ist ein geblümtes Kleid, und Schühchen, wie ich sie hab, und gleich
wirst du dich lieben und akzeptieren, wie wir in der Heimat, als die
hochwertigste Frau.
ASKA:
Und schon fahren wir mit diesen
Fahrrädern, aber leicht, so langsam, um uns nicht müde zu fahren,
RENKA: zu
diesem Klamottenladen, diesem Markt der Eitelkeit.
ASKA:
Kaum drinnen, Renka grast zwischen
diesen Regalen und Kleiderständern,
RENKA: und
Aska steht in der Ecke wie zur Strafe, und beobachtet ein Weib:
ASKA:
eine Deutschland-Mutter, komplett
ausgestattet mit Babykram, schwanger und noch mit einem Kind auf dem Arm.
RENKA: Und Aska klopft sich mit Anteilnahme unter
der Brust, und flüstert:
ASKA:
Ich muß mich gut durch klopfen, daß
ich mich akzeptiere, daß ich in meinem Alter noch nicht schwanger war.
Aber
Renka wirft sich zu mir, der Arm von dem Kleiderhaufen fällt ihr fast ab:
RENKA:
Marsch, in die Kabine, guck die nicht an. Die packt die
Mamilla raus und säugt mitten in der Öffentlichkeit. Würde das eine polnische
Mutter machen? Nimmer und nie! Wo ist der Sinn für Anständigkeit? Und außerdem,
Aska, die Typen in diesem deutschen Lande zwingen diese Deutschlandfrauen zu
dieser Schwangerheit, damit sie sich sicher fühlen weil so schnell kannst du
nicht weglaufen, wenn du ein Kind im Bauch hast und das zweite am Arm.
ASKA:
Auf einmal aus der Kabine kommt die
Kudamm-Hyäne, ein Kleiderbügel, dünn, ausgetrocknet, die Titten wie Ballons,
garantiert dazu gemacht.
RENKA: Aska
fängt an sich die Fingerspitzen abzuklopfen.
ASKA: Renka,
ich hab Angst, wenn ich mich nicht klopfe, dann will ich auch so sein, wie die
Deutschlandfrauen, die haben die Brille von einem Projektanten von diesen ihren
Accessoires
RENKA: und
ein Paar Socken, das dazu paßt.
ASKA: Aber
Renka flüstert, damit die Hyäne sie nicht hören kann:
RENKA: Das
ist nicht so ein Himmel, wie man denken kann - die hat n Typ, ist in einer Ehe,
und das ist ein Druck, weil die liebt den nicht, und muß den immer begütigen,
damit er ihr gibt, für die ganzen Accessoires. Und du willst doch unabhängig
sein, wie das polnische Frauenideal?
ASKA: Und
Renka fischt raus, aus dem Textilienberg, ein Kleid,
RENKA: Wunder-Honig:
mit Mohnblumen auf grünem Material,
ASKA: wie
eine Wiese in der masowischen Landschaft.
RENKA: Los,
zieh das an. Aber Aska hört nicht zu, starrt durch das Schaufenster, weil da,
auf der Strasse, schmiert ein Weib,
ASKA: normal
eine Businesswoman, auf Maximal, direkt aus dem Potsdamerplatz, gut erhalten,
gepflegt, mit Aktentasche und Kostümchen in Mäuse-grau, in Stöckelschuhen, und
stolpert nicht ein halbes Mal,
RENKA: und
Aska fängt an sich zu klopfen. Aska, hör auf, du weißt es noch nicht, aber du
willst nicht so sein! Schau die doch an – die ist uniformiert, wie eine
Soldateneinheit, die hat kein Eigenstil und keinen Sinn für wahre Weiblichkeit.
Weil nämlich, Aska, diese Deutschland-Manager in diesem post-industriellen
Deutschland-Staat, zwingen diese Frauen in diese Uniform, und das, weil sie
Angst haben, daß die Deutschlandfrau ist im Vormarsch, und sagen ihr ständig
diese Komplimente, daß sie hat in diesen hohen Stöckelschuhen Waden wie ein Stossgebet,
aber in Wirklichkeit wollen die doch, daß ihr die Knochen kaputtgehen, damit
sie nicht mehr konkurrieren kann.
ASKA: Und
Renka pellt mich aus meinem T-Shirt
raus,
RENKA: Aska
läßt geschehen, weil sie glotzt wie verzaubert, und klopft sich nicht mehr
einmal, weil in der Tür steht ein Weib,
ASKA: aber
was für eins: im Holzfäller-Stil, Haare auf Igel, ¾-Wattjacke, Null Maquillage,
RENKA: und
ausgeleiertes T-Shirt, Modell Unisex, um nicht eine Kurve zu zeigen aus
Versehen.
ASKA: Renka,
guck, das ist eine polnische Seele, das ist das Ideal der Unabhängigkeit – die
schämt sich nicht, die ist doch ein Wunder der Selbstakzeptanz.
RENKA: Aha,
polnische Seele - so ziehe ich mich nicht mal an, wenn ich in den Keller geh.
ASKA: Und
Renka zwängt mich in das Blumenkleid. .
RENKA: Aska,
in diesem neuen Kleid siehst du aus wie der polnische Frühling – ich höre die
Musik von Chopin, fühlst du dich jetzt wie diese hochwertige Frau?
ASKA: Guck,
die Wattjackenfrau, die schaut mich an, und zwar mit Mitleid.
RENKA: Aska,
die hat unter ihrer Wattjacke einen Taillenmangel, die würde sich auch hübsch
anziehen, nur daß sie keine Konditionen hat. Und noch arbeitet sie diese ihre
Ideologie dazu, als wäre sie so befreit, aber in Wirklichkeit, Aska: so
aussehen wie du in diesem Kleid, romantisch, wie die polnische Wiese, das will
doch jede Frau!
Aber Aska, stolz, mit ihrem T-Shirt
ASKA: mit
dem Loch und dem Fleck am Bauch,
RENKA: schießt
aus dem Laden raus.
ASKA: Und
Renka schmiert hinter mir her,
RENKA: mit
demolierter Miene,
ASKA: hinkend
wie ein angeschossener Hund,
RENKA: weil
mein Fuß in dem neuen Schühchen schwimmt, wie im roten Meer, im Blut.
ASKA: Renka,
deine Hacke, abgewetzt, bis zum Knochen, bis zum Fleisch, bis zur Sehne. Du
solltest dich auch klopfen, und zwar in die Mitte deines Kopfes. Du machst ein
Krüppel aus dir und das im Namen des polnischen Frauenideals?
RENKA: Und
Aska schmiert in den nächsten Haushaltswaren-Shop, kommt raus, und normal,
ASKA: ziehe
ich Renka an:
RENKA: Latschen
a la deutsche Oma,
ASKA: gesund,
grob geschnitten und aus Flausch. Und auf einmal Renka fühlt, daß ihre Füße,
haben es geräumig und haben so viel Luft, normal, als ob sie fliegt.
RENKA: Aska,
ich hab schon ganz vergessen, wie es ist, auf den eigenen Füssen zu gehen.
ASKA: Und
Renka, erleichtert,
RENKA: weil
von den Schraubstöcken endlich befreit,
ASKA: mit
erhobenem Haupt, geht sie durch die Strasse der Eitelkeit.
RENKA & ASKA:
UND
SO HAT ASKA RENKA BEIGEBRACHT, SICH SELBST ZU AKZEPTIEREN, ALS UNABHÄNGIGE
FRAU.
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